Kurz gefasster Lebenslauf
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  • 1910 am 1. März zwischen Schwaz und Kutterschitz, Böhmen, als Auslandsschweizerin geboren

  • 1927 Kunstgewerbeakademie Dresden

  • 1930 Hochschule für bildende Kunst Dresden, ab 1931 Atelier Otto Dix

  • 1934 Studien an den Akademien Scandinave, Colarossi, Ranson und Grande Chaumière in Paris

  • 1940 Hospitanz in Anatomie an der Hochschule für bildende Kunst Dresden

  • 1942 Hospitanz in der Fachschule für Keramik in Teplitz-Schönau

  • 1943 Niederlassung in Kilchberg am Zürichsee

  • 1950 bis 2011 Mitglied der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (GSMBK), ab 2002 Schweizerische Gesellschaft Bildender Künstlerinnen (SGBK)

  • ab 1950 Zahlreiche Ausstellungsteilnahmen

  • Ende 1980er Jahre: Gibt Ölmalerei nahezu vollständig auf zugunsten der Zeichnungen mit Bienenwachskreide

  • 1994 Ehrenmitglied des Fördervereins Otto-Dix-Haus in Hemmenhofen

  • 1995 Übereignet einige ihrer frühen Arbeiten an die Kunstsammlung Gera; übergibt ein Ölbild von Friedrich Feigl, dem Jugendfreund von Franz Kafka, an das Schiller Nationalmuseum in Marbach am Neckar.

  • Nach 1996 gibt das druckgraphische Arbeiten auf

  • 2001 Konstituierende Sitzung der Erika Streit-Stiftung, Zürich

  • 2002 Übersiedlung in ein Kilchberger Blindenheim

  • 2006 Erste große Retrospektive 'Ein Malerleben zwischen Dresden, Prag, Paris und Zürich' (Hemmenhofen, Konstanz, Gera, Speyer)

  • 2010 Ausstellung 'Erika Streit. Das frühe Werk'. Städtische Galerie Dresden

  • 2. Juni 2011 Tod von Erika Streit. Bestattung in Kilchberg / Zürich

Ausführlicher Lebenslauf

gesprochen von Dorothee Roth

Lebenslauf in Textform
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1910 als einzige Tochter von Schweizer Eltern in Böhmen geboren, zeigte sich schon früh Erika Streits Begabung fürs Zeichnen. Sie begann ihr Studium an der Kunstgewerbeschule Dresden (1927-1929), unter anderem bei Carl Rade, und vertiefte es 1930-1933 an der Kunstakademie bei Richard Müller, Ferdinand Dorsch, Max Feldbauer und Otto Dix. Mehrere Studienaufenthalte führten sie nach Paris an verschiedenen Akademien, etwa bei Othon Friesz. Dort kam sie mit dem Werk von Pablo Picasso, Aristide Maillol und weiteren Zeitgenossen in Berührung. Zurück in Dresden, lernte sie ergänzend Anatomie bei Hermann Dittrich. Nach der Entlassung von Dix aus der öffentlichen Institution gab er ihr weiterhin Privatunterricht. 1941 schloss sie ihr Kunststudium ab, besuchte 1942-1943 jedoch zusätzlich die Staatsschule für Keramik in Teplitz-Schönau (Böhmen).

1943 erfolgte die kriegsbedingte Übersiedlung nach Kilchberg am Zürichsee. In den Manteltaschen trug sie einige Krümel Böhmischer Erde mit, dazu eine Ausgabe von Schwabs Griechischen Sagen. Ihre Bilder fanden erst nach langen Umwegen in einem versiegelten Eisenbahnwagen in die Schweiz. Darin befanden sich auch ihre Akademie-Arbeiten, die sich für die Ausstellung zu ihrem 100. Geburtstag in Dresden als wichtig erwiesen, da diejenigen ihrer Mitschüler in den Brandnächten von Mitte Februar 1945 vernichtet worden waren. Malte Erika Streit in Deutschland hauptsächlich in Öl, und schuf sie in ihrer Frühphase auch hinreissende Aquarelle, so benutzte sie ab Mitte der 1960er Jahre zunehmend Bienenwachskreide, für die sie ein lichtechtes Verfahren ersann; überhaupt waren Techniken eines ihrer grossen Anliegen, die sie auch gekonnt untereinander mischte. Graphiken durften dabei nicht fehlen. Die Liebe zur Keramik blieb, die sie anfangs ihrer Schweizer Zeit auch kunstgewerblich für Kachelöfen einsetzte. Erst kürzlich erhielten wir das Angebot eines grossen Ofens mit mehreren Dutzenden Skizzen von Zürich und Umgebung. Ihr thematisches Hauptinteresse galt indes der Darstellung von Menschen; zu Beginn in ganzer Gestalt, später vermehrt als Porträts. Wiederkehrende Motive ergaben sich aus der Beschäftigung mit Mythologie und Literatur, wie die Harpyien. Einige der Hauptthemen sind die Heimatlosen, Frau und Spiegel, das Mariechen. Erika Streit stand auch der Rudolf-Steiner-Bewegung nahe; daraus ergaben sich abstrakte Monatsbilder, die wiederum eine ganz andere Facette ihres Werkes zeigen. Eine der vielen, die sie in ihrem langen Leben beherrschte!

Eine zunehmende Blindheit zwang sie in ihren letzten Jahren zur Aufgabe der Malerei, nicht jedoch des Sich-Vorstellens der Bilder, die sie nun nicht mehr malen konnte. Zu Beginn ihres 102. Lebensjahres verstarb Erika Streit im Frühsommer 2011; sie liegt auf dem Kilchberger Friedhof begraben, unter einem Grabstein in der Form eines Zykladen-Idols, das sie als Schatten so oft in ihren Bildern benutzte.

Wikipedia s. v. Erika Streit

Video mit Erika Streit zum 100.ten Geburtstag

Zur Ausstellung Dresden 2011 / Interview mit Adrienne Lezzi